Entscheide sind nicht besser, je grösser das Entscheidgremium ist

Entscheide sind nicht besser, je grösser das Entscheidgremium ist

Zur Volksabstimmung vom 25. November 2018 stehen im Kanton Graubünden zwei kantonale und drei eidgenössische Vorlagen an. Der Vorstand der EVP Graubünden empfiehlt, die beiden kantonalen Schul-Initiativen sowie die Selbstbestimmungsinitiative abzulehnen, hingegen die Hornkuh-Initiative sowie die Vorlage zu den Sozialdetektiven anzunehmen.

 

Detailreiche Schulfragen sollen Fachgremien entscheiden, nicht grösstmögliche Instanzen
Die beiden kantonalen Schulinitiativen sehen für schulische Fragen als Entscheidinstanz den Grossen Rat und das fakultative Referendum vor. Diese Forderung ist grundsätzlich falsch. Nicht nur sollen Schulfragen von Fachleuten beraten und entschieden werden und nicht von einem 120-köpfigen politischen Gremium. Es sollen auch schweizweite Entwicklungen und Standards angemessen berücksichtigt werden. Der Lehrplan 21 bringt minde-stens in der Deutschschweiz eine gewisse Vereinheitlichung, die Familien einen Kantonswechsel erlaubt, ohne dass die Schulkinder allzu grosse Nachteile durch unterschiedliche Schulsysteme erleiden. Von mobilen Familien bzw. den arbeitstätigen Eltern profitiert auch der Kanton Graubünden. Es kann nicht sein, dass irgendwelche schulische Fragen, die schweizweit angenähert wurden wie z.B. der Lehrplan, durch eine lokale Sichtweise das schulische und familiäre Leben inskünftig erschweren. Geradezu absurd wird es, wenn an Volksabstimmungen über verschiedenste Lehrplanfragen abgestimmt werden soll. Die Bündner Schule soll kein isoliertes Dasein entwickeln, sondern sich im Rahmen der schweizerischen Bildungslandschaft bewegen. Der Vorstand der EVP Graubünden empfiehlt ohne Wenn und Aber, die beiden kantonalen Initiativen abzulehnen.

 

Schweizer Nationaltier soll würdevoll behandelt werden
Die Volksinitiative «Für die Würde der landwirtschaftlichen Nutztiere (Hornkuh-Initiative)» verlangt, dass die Würde der Tiere geachtet wird, indem die Haltung von behornten Kühen, Zuchtstieren, Ziegen und Zuchtziegenböcken mit wirtschaftlich lohnenden Anreizen des Bundes unterstützt wird. Konkret soll eine finanzielle Unterstützung für die Haltung behornter Nutztiere festgelegt werden. Die Initiative will insbesondere verhin-dern, dass beim Entscheid, ob Tiere mit oder ohne Hörner gehalten werden, wirtschaftliche Gründe einen zu ho-hen Stellenwert haben. Die Hornkuh-Initiative setzt ganz auf Freiwilligkeit und Förderung. Sie enthält kein Verbot der Enthornung, sondern überlässt den Entscheid wie bisher den Tierhalterinnen und Tierhaltern. Wer aber behornte, erwachsene Kühe, Stiere oder Ziegen und Ziegenböcke hält, soll für den Mehraufwand fair entschädigt werden. Die Umsetzung über Förderbeiträge wird jährlich rund 15 Millionen Franken kosten, was im bestehenden Landwirtschaftsbudget von 3000 Millionen Franken gut Platz hat, ohne Erhöhung. Der Vorstand der EVP Graubünden stimmt dieser Volksinitiative aufgrund ihrer nachvollziehbaren und verhältnismässigen Forderung zu.


Internationale vertragliche Verpflichtungen nicht wechselnden politischen Stimmungen aussetzen
Die Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» will den Vorrang des Verfassungsrechts vor dem Völkerrecht in der Verfassung verankern. Die Behörden sollen verpflichtet werden, bestehende und künftige, der Verfassung widersprechende völkerrechtliche Verträge anzupassen und nötigenfalls zu kündigen. Die Mindeststandards für Menschenrechte werden geschwächt. Keine Institution darf sich über die Menschenrechte stellen, auch das Volk nicht. Die vorgeschlagenen Verfassungsänderungen halten die Behörden an, sich über bestehende vertragliche Verpflichtungen hinwegzusetzen. Solche Vertragsbrüche wi-dersprechen der Rechtskultur und schwächen die Position der Schweiz in der internationalen Zusammenarbeit. Die Initiative schadet dem Wirtschaftsstandort, denn sie verursacht grosse Rechtsunsicherheit und übt einen Kündigungsdruck auf die Bilateralen und weitere Verträge aus. Der Vorstand der EVP Graubünden lehnt die Initiative mehrheitlich ab.

 

Kontrolle in begründeten Fällen ist kein Überwachungsstaat
Die vorliegende Gesetzesgrundlage für die Überwachung von Versicherten möchte den Versicherungen wieder die Möglichkeit einräumen, bei Verdachtsfällen auf Versicherungsbetrug Observationen durchzuführen. Vom öffentlichen Raum aus können diese ohne richterliche Genehmigung durchgeführt werden. Für den Einsatz von technischen Hilfsmitteln benötigen die Versicherungen eine richterliche Genehmigung. IV-Stellen führten früher bereits Observationen bei Verdacht auf Betrug durch. Die Revision schafft jetzt die gesetzliche Grundlage für deren Wiedereinführung. Eine konsequente Ahndung von Versicherungsbetrug schützt Menschen mit Behinderungen sowie IV-/UV-Rentner vor Generalverdacht. Sie schützt den sozialen Frieden. Observationen decken Betrügereien von Abermillionen von Franken auf oder können diese durch Abschreckung vermeiden. Der Kreis der potenziell Überwachten wird bei Annahme der Vorlage auf Kranken-, Unfall-, Arbeitslosenversicherungen sowie die AHV ausgedehnt. Der Vorstand der EVP Graubünden bedauert es, dass es Kontrollen braucht, weil viele Leute unrechtmässig den eigenen Vorteil über alles stellen. Die Vorlage stellt keinen Misstrauensgrundsatz dar, sondern fordert Kontrolle in begründeten Fällen. Der Vorstand der EVP Graubünden empfiehlt die Vorlage zur Annahme.