Wohnbau-Volksinitiative mit zu harten Forderungen bei wachsendem Mietwohnungsmarkt

Zur Volks­ab­stim­mung vom 9. Februar 2020 ste­hen im Kan­ton Grau­bün­den eine kan­to­nale und zwei eid­ge­nös­si­sche Vor­la­gen an. Der Vor­stand der EVP Grau­bün­den emp­fiehlt die kan­to­nale Vor­lage zur Erneue­rung des Tagungs­zen­trums Plan­tahof zur Annahme, hin­ge­gen die bei­den eid­ge­nös­si­schen Vor­la­gen – Volks­in­itia­tive für mehr bezahl­bare Woh­nun­gen und Ver­bot der Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund der sexu­el­len Ori­en­tie­rung – zur Ableh­nung.

 

Neu­bau des Plan­tahofs ist begrün­det auf­grund Bau­fäl­lig­keit und guter bis­he­ri­ger Nut­zung

Der Plan­tahof ist eine bünd­ne­ri­sche Insti­tu­tion mit Strahl­kraft weit über die Kan­tons­gren­zen hin­aus. Die Ausbildungs- und Bera­tungs­tä­tig­kei­ten sind aner­kannt. Die Gebäude des Tagungs­zen­trums sind nach jahr­zehn­te­al­ter Nut­zung abge­wirt­schaf­tet und ent­spre­chen nicht mehr den heu­ti­gen Anfor­de­run­gen. Eine Erneue­rung mit moder­nen Neu­bau­ten ist des­halb der rich­tige Weg. Ener­ge­ti­sche bzw. öko­lo­gi­sche Gesichts­punkte wer­den berück­sich­tigt. Auf­grund der Bau­fäl­lig­keit der Gebäude, auf­grund der star­ken Aus­las­tung in den ver­gan­ge­nen Jah­ren und auf­grund der hohen Bedeu­tung der Insti­tu­tion für den Kan­ton ist die Vor­lage vor­be­halt­los zu unter­stüt­zen. Der Vor­stand der EVP Grau­bün­den emp­fiehlt die Vor­lage zur Annahme.
 

Hohe Mie­ten vor allem in den Städ­ten, Volks­in­itia­tive ver­langt aber schweiz­weit 10 Pro­zent Genos­sen­schafts­woh­nun­gen

Die Volks­in­itia­tive "Mehr bezahl­bare Woh­nun­gen" will in die Ver­fas­sung schrei­ben, dass künf­tig 10 Pro­zent der neu­ge­bau­ten Woh­nun­gen durch Wohn­bau­ge­nos­sen­schaf­ten erstellt wer­den müs­sen. Mie­ten in sol­chen Woh­nun­gen dür­fen bei sub­ven­tio­nier­ten Sanie­run­gen nicht mehr anstei­gen. Kan­tone wie auch Gemein­den dür­fen Vor­kaufs­rechte ein­füh­ren, damit Grund­stü­cke für den gemein­nüt­zi­gen Woh­nungs­bau erwor­ben wer­den kön­nen. Der Bund müsste zudem den Kan­to­nen und den Gemein­den ein Vor­kaufs­recht ein­räu­men, was auch für bun­des­nahe Betriebe wie die SBB gel­ten würde. Der Bun­des­rat hat dem Par­la­ment als indi­rek­ten Gegen­vor­schlag zur Initia­tive einen Rah­men­kre­dit von 250 Mil­lio­nen Fran­ken für den "Fonds de Rou­le­ment" vor­ge­schla­gen. Der mit Bun­des­gel­dern dotierte Fonds besteht seit Jahr­zehn­ten und gilt als erprob­tes Instru­ment, um genos­sen­schaft­li­ches Woh­nen zu för­dern. Er ver­gibt bei Bedarf ver­zins­li­che und rück­zahl­bare Dar­le­hen für preis­güns­tige Neubau- und Erneue­rungs­vor­ha­ben und för­dert jähr­lich 1'500 Woh­nun­gen. Bun­des­rat, Natio­nal­rat und Stän­de­rat spra­chen sich deut­lich gegen die Initia­tive und für den Gegen­vor­schlag aus. Die Initia­tive greift eine aktu­elle Pro­ble­ma­tik auf, aber ihre For­de­run­gen gehen zu weit. Güns­tige Woh­nun­gen feh­len vor allem in den Agglo­me­ra­tio­nen, wes­halb die For­de­rung nach 10 Pro­zent Genos­sen­schafts­woh­nun­gen schweiz­weit unnö­tig ist. Die Umset­zung die­ser For­de­rung würde zudem eine grosse Ver­wal­tungs­ma­schi­ne­rie nach sich zie­hen. Aus­ser­dem wer­den im gegen­wär­ti­gen Bau­boom sehr viele Woh­nun­gen gebaut, deren Aus­wir­kun­gen auf die Miet­preise noch nicht geklärt sind. Der Gegen­vor­schlag des Bun­des­ra­tes mit einer gros­sen Finanz­spritze in die Wohn­bau­för­de­rung ist das effi­zi­en­tere Mit­tel, wes­halb der Vor­stand der EVP Grau­bün­den die Volks­in­itia­tive zur Ableh­nung emp­fiehlt.
 

Keine Erwei­te­rung der Anti-Rassismus-Strafnorm

Die par­la­men­ta­ri­sche Initia­tive «Kampf gegen die Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund der sexu­el­len Ori­en­tie­rung» wurde am 7. März 2013 von Natio­nal­rat Mathias Reynard ein­ge­reicht. Damit sol­len homo- und bise­xu­elle Per­so­nen vor Hass und Dis­kri­mi­nie­rung, die sich gegen eine Gruppe als Gan­zes rich­ten, geschützt wer­den. Das Par­la­ment beschloss dar­auf, die Anti-Rassismus-Strafnorm (Art. 261bis StGB) um den Begriff der sexu­el­len Ori­en­tie­rung zu erwei­tern. Dage­gen hat ein Komi­tee das Refe­ren­dum ergrif­fen, wes­halb es zur Volks­ab­stim­mung kommt. Das Bun­des­ge­richt hat im Zusam­men­hang mit der Anti-Rassismus-Strafnorm bis­her eine klare und zurück­hal­tende Pra­xis ent­wi­ckelt. 1. Nur öffent­li­che Äus­se­run­gen sind straf­bar. 2. Die Straf­bar­keit ist nur gege­ben, wenn eine Äus­se­rung der­art hef­tig ist, dass sie den Kern der Men­schen­würde tan­giert. Damit sind kon­tro­verse Dis­kus­sio­nen und die freie Mei­nungs­äus­se­rung gewahrt und der Stamm­tisch­witz ist nicht in Gefahr. Bereits heute kön­nen aber zahl­rei­che Hand­lun­gen gestützt auf das gel­tende Recht geahn­det wer­den, z.B. Per­sön­lich­keits­ver­let­zun­gen (Art. 28 ff. des ZGB), Ehr­ver­let­zung durch Wort, Schrift und Bild (Art. 177 StGB), üble Nach­rede (173 StGB) oder Ver­leum­dung (Arti­kel 174 StGB). Das Straf­recht soll nicht jedes mora­lisch vor­werf­bare Ver­hal­ten lücken­los erfas­sen, son­dern ledig­lich ein­zelne, vom Gesetz­ge­ber als beson­ders sozi­al­schäd­lich erach­tete Ver­hal­tens­wei­sen unter Strafe stel­len. Ein­zelne Per­so­nen aus der Grup­pie­rung der Les­ben, Schwu­len, bi-, trans- und inter­se­xu­el­len Men­schen (LGBTI) stel­len sich pro­mi­nent gegen die Vor­lage, da sie keine schüt­zens­werte Son­der­grup­pie­rung dar­stel­len wol­len, son­dern sich als Teil der nor­ma­len Band­breite unter­schied­li­cher Men­schen in der Bevöl­ke­rung ver­ste­hen. Die Anti-Rassismus-Strafnorm soll des­halb nicht auf wei­tere Bevöl­ke­rungs­grup­pen aus­ge­dehnt wer­den. Der Vor­stand der EVP Grau­bün­den spricht sich für den Sta­tus quo aus und emp­fiehlt die Vor­lage zur Ableh­nung.