Tabakwerbung animiert Jugendliche zu überdurchschnittlichem Rauchen

Am 13. Februar 2022 kom­men im Kan­ton Grau­bün­den keine kan­to­na­len, aber vier eid­ge­nös­si­sche Vor­la­gen zur Volks­ab­stim­mung. Die EVP Grau­bün­den emp­fiehlt drei­mal Nein und ein­mal Ja: Die Volks­in­itia­tive für ein Tabak­wer­be­ver­bot wird zur Annahme emp­foh­len, da Jugend­li­che über­durch­schnitt­lich oft rau­chen und in Abhän­gig­keit gera­ten. Die Tier­ver­suchs­ver­bot­s­in­itia­tive ist radi­kal, ver­kennt die beste­hen­den hohen Anfor­de­run­gen an den Tier­schutz und ist abzu­leh­nen. Eben­falls abzu­leh­nen sind die Abschaf­fung der Stem­pel­steu­ern bei Her­aus­gabe von Wert­pa­pie­ren, die eine unnö­tige Ent­las­tung von Gross­un­ter­neh­men und Steu­er­aus­fälle mit sich bringt, sowie das Mass­nah­men­pa­ket zuguns­ten der Medien, das das Giess­kan­nen­prin­zip för­dert und Regio­nal­zei­tun­gen ver­nach­läs­sigt.

 

Tier­schutz hat in der Schweiz bereits grosse Prio­ri­tät und steht im Ver­fas­sungs­rang

Die Volks­in­itia­tive "Ja zum Tier- und Men­schen­ver­suchs­ver­bot" for­dert ein bedin­gungs­lo­ses Ver­bot für Tier­ver­su­che und der For­schung am Men­schen. Sie ver­langt zudem ein Handels- und Import­ver­bot sämt­li­cher Pro­dukte, für die Tier­ver­su­che direkt oder indi­rekt durch­ge­führt wer­den. Die For­schung in der Medi­zin mache keine Fort­schritte, son­dern ver­su­che nur Sym­ptome zu behan­deln. Dabei müs­sen heute sämt­li­che Tier­ver­su­che bewil­ligt wer­den. Der Schutz der Tiere ist in der Schweiz mit Arti­kel 80 bereits in der eid­ge­nös­si­schen Ver­fas­sung ver­an­kert, die For­schung am Men­schen regelt das Human­for­schungs­ge­setz. Die Anzahl an Tier­ver­su­chen konnte in den letz­ten Jahr­zehn­ten kon­ti­nu­ier­lich – zwi­schen 1983 und 2020 um mehr als zwei Drit­tel – gesenkt wer­den. Ziel des in der Schwei­zer For­schung gel­ten­den soge­nann­ten 3R-Prinzips ist es, Tier­ver­su­che mög­lichst voll­stän­dig zu ver­mei­den (Repla­ce­ment) sowie die Zahl der Tiere (Reduc­tion) und ihr Lei­den (Refi­ne­ment) in Ver­su­chen auf das uner­läss­li­che Mass zu beschrän­ken. Die Tier­schutz­ver­ord­nung erlaubt bereits heute nur noch dann Tier­ver­su­che, wenn der ange­strebte Erkennt­nis­ge­winn nicht mit Alter­na­tiv­me­tho­den erzielt wer­den kann. Mit der Volks­in­itia­tive hätte die Schweiz ernst­hafte und gefähr­li­che Ver­sor­gungs­pro­bleme von medi­zi­ni­schen Gütern, da mit der Initia­tive ein Ein­fuhr­ver­bot für Güter aus Tier­ver­su­chen gel­ten würde, dies obwohl das gel­tende Recht streng genug ist, um Mensch und Tier in der For­schung gut zu schüt­zen. Die EVP Grau­bün­den emp­fiehlt, die Tier-versuchsverbotsinitiative abzu­leh­nen.

 

Tabak­wer­be­ver­bot muss Teil des Jugend­schut­zes unse­rer Gesell­schaft wer­den

Die Volks­in­itia­tive "Ja zum Schutz der Kin­der und Jugend­li­chen vor Tabak­wer­bung" for­dert ein Ver­bot für jeg­li­che Art von Wer­bung für Tabak­pro­dukte, die Kin­der und Jugend­li­che erreicht. Sie sol­len vor dem früh­zei­ti­gen Ein­stieg in das Rau­chen geschützt wer­den und somit vor mas­si­ven gesund­heit­li­chen Schä­den. Rund 32 % der Jugend­li­chen zwi­schen 15 und 25 Jah­ren rau­chen täg­lich oder gele­gent­lich. Damit liegt diese Alters­gruppe sogar über dem Schnitt der Gesamt­be­völ­ke­rung. Mehr als die Hälfte der rau­chen­den Bevöl­ke­rung hat vor dem 18. Lebens­jahr begon­nen, regel­mäs­sig zu rau­chen. Das Par­la­ment hat in der Herbst­ses­sion – um die­ser Volks­in­itia­tive Wind aus den Segeln zu neh­men – das Tabak­pro­duk­te­ge­setz ver­ab­schie­det. Die­ses regelt unter ande­rem Wer­be­ver­bote, wel­che spe­zi­fisch auf Min­der­jäh­rige abzie­len, oder Beschrif­tungs­vor­ga­ben für Tabak­pro­dukte, um vor Gesund­heits­schä­den zu war­nen. Wer­bung in Gra­tis­zei­tun­gen, an Kios­ken, im Inter­net, auf Social-Media-Plattformen sowie an Fes­ti­vals bleibt dage­gen wei­ter­hin erlaubt – also genau dort, wo beson­ders viele Jugend­li­che unter­wegs sind. Diese Unter­las­sung ist unver­ant­wort­lich. Es muss ver­hin­dert wer­den, dass die Tabak­in­dus­trie gezielt beein­fluss­bare Jugend­li­che bereits früh zum Rau­chen ani­miert und vom Niko­tin abhän­gig macht. Die EVP Grau­bün­den emp­fiehlt, der Volks­in­itia­tive zum Schutz der Kin­der und Jugend­li­chen vor Tabak­wer­bung zuzu­stim­men.

 

Kein Hand­lungs­be­darf bei Ent­las­tung von Gross­un­ter­neh­men

Der Bund erhebt eine Emis­si­ons­ab­gabe auf die Her­aus­gabe von Wert­pa­pie­ren als ein Teil der soge­nann­ten Stem­pel­steu­ern. Diese fällt bei­spiels­weise bei der Erhö­hung des Akti­en­ka­pi­tals eines Unter­neh­mens an und beläuft sich heute auf 1 %. Auf die erste Mil­lion Fran­ken sowie bei gemein­nüt­zi­gem Zweck oder zur Beschaf­fung von güns­ti­gem Wohn­raum wird diese Steuer nicht erho­ben. Die Stem­pel­steu­ern gehö­ren zu den ältes­ten Steu­ern über­haupt und betref­fen den Finanz­sek­tor, der sei­ner­seits von der Mehr­wert­steuer befreit ist. Die Abstim­mungs­vor­lage will die Emis­si­ons­ab­gabe auf die Her­aus­gabe von Wert­pa­pie­ren (Aktien) ersatz­los strei­chen. Damit wür­den nach ver­schie­de­nen Unter­neh­mens­steu­er­re­for­men erneut vor allem Gross­un­ter­neh­men steu­er­lich ent­las­tet wer­den, und dem Staat ent­ge­hen jähr­li­che Ein­nah­men von rund 250 Mil­lio­nen Fran­ken, obschon der Bund sich wegen der Coronavirus-Pandemie hoch ver­schul­det hat. Von der Abschaf­fung wür­den nur grosse, finanz­kräf­tige Unter­neh­men, wel­che mehr als 1 Mil­lion zusätz­li­ches Akti­en­ka­pi­tal her­aus­ge­ben, pro­fi­tie­ren, also haupt­säch­lich Gross­kon­zerne, die ohne­hin kaum Steu­ern bezah­len. Die EVP Grau­bün­den emp­fiehlt, die vor­lie­gende Ände­rung des Bun­des­ge­set­zes über die Stem­pel­ab­ga­ben abzu­leh­nen.

 

Giess­kan­nen­prin­zip statt Schwer­punkt auf den Regio­nal­zei­tun­gen

Medien in der Schweiz haben einen schwe­ren Stand: Die Erträge durch Zei­tungs­in­se­rate bre­chen ein und auch die Zahl der Abon­nen­ten geht zurück. Zei­tun­gen fusio­nie­ren, die Viel­falt sinkt und nicht sel­ten fal­len Medi­en­häu­ser in die Hand von Inves­to­ren, die eine eigene poli­ti­sche Ziel­set­zung ver­fol­gen. Aus­län­di­sche Social-Media-Plattformen ent­zie­hen hie­si­gen Medien die Wer­be­ein­nah­men. Bun­des­rat und Par­la­ment haben daher ein Unter­stüt­zungs­pa­ket für Medien ver­ab­schie­det, um diese zu stär­ken. Sie wol­len die Medien mit die­sem befris­te­ten Mass­nah­men­pa­ket in der digi­ta­len Trans­for­ma­tion unter­stüt­zen und damit vor allem auch die Medi­en­viel­falt gegen Fusi­ons­druck und Macht­kon­zen­tra­tion stär­ken. Die beab­sich­tigte jähr­li­che Medi­en­för­de­rung soll mit die­ser Revi­sion um 151 Mil­lio­nen Fran­ken anstei­gen und ist zeit­lich auf sie­ben Jahre beschränkt. Es ist jedoch davon aus­zu­ge­hen, dass die gros­sen und rei­chen Medi­en­kon­zerne in der Schweiz beson­ders stark von den Sub­ven­tio­nen nach dem Giess­kan­nen­prin­zip pro­fi­tie­ren wer­den, und die klei­nen Regio­nal­zei­tun­gen von die­sem Geld nur wenig sehen. Gratis-Medien, auch Gratis-Online-Medien, erhal­ten keine För­de­rung und wer­den somit im Wett­be­werb benach­tei­ligt. Damit wer­den aktu­elle Medi­en­mo­no­pole zemen­tiert, inno­va­tive neue Medien ver­hin­dert und die aktu­el­len Pro­bleme nicht gelöst. Die EVP Grau­bün­den emp­fiehlt, das vor­lie­gende Bun­des­ge­setz über ein Mass­nah­men­pa­ket zuguns­ten der Medien abzu­leh­nen.