Rechtlich und demokratiepolitisch ist nur Proporzsystem mit Regionswahlkreisen haltbar

Der Kan­ton Grau­bün­den hat mit der Schaf­fung eines neuen Wahl­sys­tems für den Gros­sen Rat die Chance erhal­ten, die kan­to­na­len Struk­tu­ren dyna­mi­scher, demo­kra­ti­scher und rechts­kon­for­mer zu gestal­ten. Dies kann nur ein für den gesam­ten Kan­ton ein­heit­li­ches Sys­tem leis­ten: das Pro­porz­mo­dell mit den Regio­nen als Wahl­krei­sen und dem dop­pel­ten Pukels­heim. Das Wahl­sys­tem eines Kan­tons zu refor­mie­ren, ist eine Ope­ra­tion am Her­zen der Demo­kra­tie und unse­res Staa­tes. Es sollte kein Tum­mel­feld für juris­ti­sche Feld­ver­su­che sein und keine gebas­telte Ver­suchs­an­ord­nung mit gemix­ten Sys­te­men und Unter­va­ri­ante ent­hal­ten.

 

Drei Mit­glie­der der EVP Grau­bün­den waren Teil der Beschwer­de­füh­rer, die das Wahl­ver­fah­ren zum Gros­sen Rat ange­foch­ten und auf­grund des Bun­des­ge­richts­ur­teils vom 29. Juli 2019 zur jet­zi­gen Über­ar­bei­tung beige­tra­gen haben. Ziel ist es, dass der Kan­ton Grau­bün­den ein Wahl­sys­tem für das Kan­tons­par­la­ment erhält, das moder­nen demo­kra­ti­schen Grund­sät­zen ent­spricht. Das heu­tige Wahl­ver­fah­ren ist davon weit ent­fernt.

 

Majorz­sys­teme sind vol­ler Wider­sprü­che

Von den vor­ge­schla­ge­nen Majorz­sys­te­men kann kei­nes über­zeu­gen. Die sys­tem­not­wen­dige Auf­spal­tung der heu­ti­gen Wahl­kreise ist nicht mehr zeit­ge­mäss. Die Ent­wick­lung zu grös­se­ren Struk­tu­ren im Kan­ton Grau­bün­den ist in den ver­gan­ge­nen zwei Jahr­zehn­ten von der Regie­rung mit Millionen-Zuschüssen geför­dert wor­den, damit auf Gemein­de­ebene in grös­se­ren Dimen­sio­nen gedacht und geplant wird und es zu Gemein­de­zu­sam­men­schlüs­sen kommt. Die Kreise wur­den auf­ge­ho­ben und die Regio­nen instal­liert. Bei der Durch­füh­rung von Majorz­wah­len und nach­her von den – in klein­räu­mi­gen Struk­tu­ren gewähl­ten – Per­so­nen würde wie­der klein­räu­mi­ges Den­ken die Ober­hand gewin­nen. Wie soll das zusam­men­ge­hen? Wie soll der Bür­ger ver­ste­hen, in wel­che Rich­tung es gehen soll und wel­che Grösse von Struk­tu­ren erwünscht ist? Wir hiel­ten dies für einen schwe­ren System- bzw. Vor­ge­hens­feh­ler in der wei­te­ren Ent­wick­lung der staat­li­chen Struk­tu­ren. Wer­den heu­tige Gemein­den in klei­nere Wahl­kreise auf­ge­spal­ten, kommt es zudem zu einer Häu­fung ungül­ti­ger Stim­men, da die Wäh­len­den ver­diente Kan­di­da­ten ihrer Gemeinde auf­schrei­ben, unab­hän­gig inner­kom­mu­na­ler Wahl­kreis­gren­zen.

 

Pro­porz­sys­teme ver­lan­gen Min­dest­grösse

Das Bun­des­ge­richt ver­langt in sei­ner Beur­tei­lung Wahl­kreise mit min­des­tens 9 Sit­zen. Sol­che Wahl­kreise kön­nen nur die heu­ti­gen Regio­nen sein. Die bis­her beste­hen­den, viel klei­ne­ren Wahl­kreise haben heute keine staats­po­li­ti­sche Bedeu­tung mehr. Wür­den sie bei­be­hal­ten, ent­stün­den sys­tem­be­dingt gra­vie­rende Demo­kra­tie­de­fi­zite, die recht­lich über­prüft wer­den müss­ten. Die vor­ge­schla­gene Majorz­be­din­gung (grösste Par­tei erhält im Wahl­kreis garan­tiert min­des­tens 1 Sitz) ist bei bun­des­ver­fas­sungs­kon­for­men Wahl­krei­sen von Regi­ons­grösse sinn­los, da die grösste Par­tei in einem Regi­ons­wahl­kreis immer min­des­tens einen Sitz erhal­ten würde. Eben­falls über­flüs­sig wäre eine Sperr­klau­sel zur Ver­hin­de­rung von Kleinst­par­teien, da ein Wahl­kampf in den ver­schie­de­nen Regio­nen von einer Kleinst­par­tei gar nicht geleis­tet wer­den könnte.