Nein zur Organentnahme ohne klare Zustimmung

Am 15. Mai 2022 kom­men im Kan­ton Grau­bün­den drei eid­ge­nös­si­sche Vor­la­gen zur Volks­ab­stim­mung. Die EVP Grau­bün­den emp­fiehlt zwei­mal Ja und ein­mal Nein. Die Ände­rung des Trans­plan­ta­ti­ons­ge­set­zes ist abzu­leh­nen, weil eine Organ­ent­nahme nicht ohne aus­drück­li­che Zustim­mung gemacht wer­den darf. Die Grenz- und Küs­ten­wa­che Fron­tex soll mehr Mit­tel erhal­ten für Auf­ga­ben, die die Schweiz im euro­päi­schen Ver­bund bes­ser lösen kann. Bei der Ände­rung des Film­ge­set­zes sol­len Strea­ming­dienste die­sel­ben finan­zi­el­len Pflich­ten betref­fend Schwei­zer Film­schaf­fen über­neh­men müs­sen wie inlän­di­sche TV-Sender.

 

Mehr Serien und mehr Filme aus der Schweiz

Die Ände­rung des Film­ge­set­zes sieht vor, dass Strea­ming­an­bie­ter wie Net­flix, Ama­zon oder Dis­ney ver­pflich­tet wer­den, 4 Pro­zent ihres in der Schweiz erwirt­schaf­te­ten Umsat­zes in das Schwei­zer Film­schaf­fen zu inves­tie­ren. Zudem sol­len Strea­ming­dienste neu ver­pflich­tet wer­den, min­des­tens 30 Pro­zent Inhalte zu sen­den, die in Europa pro­du­ziert wur­den. Inlän­di­sche Fern­seh­sen­der sind bereits seit Jahr­zehn­ten ver­pflich­tet, 4 Pro­zent ihres Umsat­zes in das Schwei­zer Film­schaf­fen zu inves­tie­ren. Damit leis­ten sie einen wich­ti­gen Bei­trag zur ein­hei­mi­schen Film­pro­duk­tion. Filme und Serien wer­den aber zuneh­mend auch im Inter­net zum Abruf (Strea­ming) ange­bo­ten. Für die glo­bal täti­gen Strea­ming­dienste gibt es in der Schweiz bis jetzt keine Inves­ti­ti­ons­pflicht. Dem­ge­gen­über ken­nen viele euro­päi­sche Län­der bereits eine sol­che Ver­pflich­tung. Dort hat sich gezeigt, dass Strea­mingdienste dadurch einen zusätz­li­chen Anreiz erhal­ten, in die Pro­duk­tion neuer Filme und Serien zu inves­tie­ren und diese in ihren Kata­lo­gen anzu­bie­ten. Durch die zur Abstim­mung ste­hende Ände­rung des Film­ge­set­zes wer­den Schät­zun­gen zufolge rund 18 Mio. Fran­ken zusätz­lich in das Schwei­zer Film­schaf­fen flies­sen. Die Abstim­mungs­vor­lage ist mass­voll und aus­ta­riert. Strea­ming­dienste, die in der Schweiz Geschäfte machen, sol­len sich auch an einer sinn­vol­len För­de­rung des Film­schaf­fens betei­li­gen. Die EVP Grau­bün­den emp­fiehlt, die Ände­rung des Film­ge­set­zes anzu­neh­men.
 

Keine Organ­ent­nahme ohne aus­drück­li­che Zustim­mung

Das eid­ge­nös­si­sche Par­la­ment will die soge­nannte «erwei­terte Wider­spruchs­lö­sung» in das Trans­plan­ta­ti­ons­ge­setz auf­neh­men. Diese sieht vor, dass künf­tig prin­zi­pi­ell allen Per­so­nen am Lebens­ende ihre Organe ent­nom­men wer­den kön­nen, sofern sie nicht zu Leb­zei­ten aus­drück­lich der Organ­ent­nahme wider­spro­chen haben. Die Ange­hö­ri­gen könn­ten zum Zeit­punkt des Ster­bens noch inter­ve­nie­ren, wer­den aber in der schwe­ren Situa­tion des Abschied­neh­mens zusätz­lich einem star­ken Ent­schei­dungs­druck aus­ge­setzt. Die EVP ist gegen diese Lösung und unter­stützte das Refe­ren­dum gegen die Ände­rung des Trans­plan­ta­ti­ons­ge­set­zes, das nun der Volks­ab­stim­mung vor­ge­legt wird. Es ist unethisch, einem Men­schen ohne seine aus­drück­li­che Zustim­mung am Lebens­ende «auto­ma­tisch» seine Organe zu ent­neh­men. Schwei­gen zu Leb­zei­ten kann und darf nach dem Tod nicht gesetz­lich als Zustim­mung gedeu­tet wer­den. Dies wäre ein mas­si­ver Ein­griff in das ver­fas­sungs­recht­lich zuge­si­cherte Recht jedes ein­zel­nen auf kör­per­li­che Unver­sehrt­heit und Selbst­be­stim­mung. Es wider­spricht zutiefst dem schwei­ze­ri­schen Rechts- und Ver­fas­sungs­ver­ständ­nis, wenn der Schutz der kör­per­li­chen Unver­sehrt­heit inskünf­tig aktiv ein­ge­for­dert wer­den muss – noch dazu in der höchst ver­letz­li­chen Situa­tion des Ster­be­pro­zes­ses. Kommt hinzu, dass in der Schweiz für jeden medi­zi­ni­schen Ein­griff eine aus­drück­li­che Zustim­mung zwin­gend ist – aus­ge­rech­net für die Organ­spende soll die­ses Prin­zip nicht mehr gel­ten. Organ­ent­nahme, obwohl im Moment des Ster­bens keine klare Wil­lens­äus­se­rung dazu vor­liegt, ist der fal­sche Weg. Es braucht die aus­drück­li­che Zustim­mung. Des­halb emp­fiehlt die EVP Grau­bün­den nach­drück­lich, die Ände­rung des Trans­plan­ta­ti­ons­ge­set­zes abzu­leh­nen.
 

Schutz der euro­päi­schen Aus­sen­grenze benö­tigt mehr mate­ri­elle und per­so­nelle Unter­stüt­zung

Die Euro­päi­sche Union EU rüs­tet seit 2016 die Grenz- und Küs­ten­wa­che Fron­tex mit mehr Per­so­nal und tech­ni­scher Aus­rüs­tung, Schif­fen und Flug­zeu­gen auf, damit sie ihre schwie­ri­gen Auf­ga­ben an den Außen­gren­zen, an denen zusätz­li­che Unter­stüt­zung benö­tigt wird, bes­ser wahr­neh­men kann. Fron­tex unter­stützt bei der Bekämp­fung der grenz­über­schrei­ten­den Kri­mi­na­li­tät, von Schmug­gel und Men­schen­han­del oder im Bereich des Asyl­we­sens, indem Papiere bes­ser geprüft, legale Papiere beschafft und Rück­füh­run­gen ermög­licht wer­den. Am Aus­bau der Fron­tex muss sich auch die Schweiz betei­li­gen, weil es sich um eine Schengen-Weiterentwicklung han­delt. Ver­wei­gert die Schweiz ihren Bei­trag, steht für sie die sinn­volle und weit­ge­hend gren­zen­lose Schengen-Welt auf dem Spiel. Der finan­zi­elle Bei­trag der Schweiz wird von ursprüng­lich 14 Mil­lio­nen Fran­ken auf rund 61 Mil­lio­nen Fran­ken pro Jahr bis 2027 stei­gen. Zudem soll die Schweiz an die Fron­tex auch mehr Per­so­nal zur Ver­fü­gung stel­len. Das Enga­ge­ment der Schweiz dient der eige­nen Sicher­heit. Der euro­päi­sche Grenz­schutz ist eine Not­wen­dig­keit. Darum ist es rich­tig, dass sich die euro­päi­schen Staa­ten und die Schweiz in den Grenz­län­dern des Schengen-Raums am Schutz der euro­päi­schen Aus­sen­grenze betei­li­gen. Die EVP Grau­bün­den emp­fiehlt, die Über­nahme der EU-Verordnung zur euro­päi­schen Grenz- und Küs­ten­wa­che anzu­neh­men.