Endlich verfassungskonforme Grossratswahlen

Am 13. Juni 2021 kom­men im Kan­ton Grau­bün­den drei kan­to­nale und fünf eid­ge­nös­si­sche Vor­la­gen zur Volks­ab­stim­mung. Der Vor­stand der EVP Grau­bün­den emp­fiehlt ein Ja zum neuen Wahl­sys­tem für das Kan­tons­par­la­ment, zum Covid-Gesetz, zum CO2-Gesetz und zum Ter­ro­ris­mus­ge­setz. Ein Nein wird zur Jagd­in­itia­tive, zur Auf­he­bung der Mut­ter­schafts­bei­träge sowie zur Trinkwasser- und zur Pes­ti­zid­in­itia­tive emp­foh­len.

 

Neues Wahl­sys­tem für den Gros­sen Rat wird end­lich ver­fas­sungs­kon­form

Seit 1937 sind acht Vor­la­gen für ein neues Wahl­sys­tem für den Gros­sen Rat in der Volks­ab­stim­mung geschei­tert. Dies­mal ist jedoch nicht eine Volks­in­itia­tive, son­dern ein Bun­des­ge­richts­ur­teil der Aus­lö­ser für die neue Vor­lage. Zur Klä­ger­schaft vor dem Bun­des­ge­richt gehörte auch die EVP Grau­bün­den. Nun haben sich fast alle Par­teien auf ein neues Wahl­sys­tem eini­gen kön­nen und emp­feh­len, den Dop­pel­pro­porz ein­zu­füh­ren. Alle Wäh­ler­stim­men, die eine Par­tei­liste im gesam­ten Kan­ton erzielt, bestim­men, wie viele Sitze diese Par­tei­liste im Gros­sen Rat erhält. Danach wer­den die Sitze kon­kret in den Wahl­krei­sen ver­ge­ben, je nach Stärke der Par­teien vor Ort. Wenn eine Par­tei im Wahl­kreis X einen Sitz ver­passt, wer­den deren Rest­stim­men nicht ver­lo­ren­ge­hen, son­dern wer­den in einem ande­ren Wahl­kreis ange­rech­net, sodass es dort zu einem Sitz reicht. Die­ses soge­nannte "Doppelter-Pukelsheim"-Modell zusam­men mit einem kan­tons­wei­ten 3-%-Mindestquorum, den beste­hen­den Kleinst­wahl­krei­sen und der Majorz­be­din­gung (stim­men­stärkste Par­tei­liste erhält immer min­des­tens 1 Sitz) bil­den das neue Bünd­ner Wahl­sys­tem für das Kan­tons­par­la­ment. Die EVP Grau­bün­den emp­fiehlt, der Vor­lage zuzu­stim­men.

 

Trotz posi­ti­ven Ansät­zen schäd­li­che Jagd­in­itia­tive

Die Volks­in­itia­tive "Für eine natur­ver­träg­li­che und ethi­sche Jagd" will mit 9 neuen Grund­sät­zen die heu­tige Jagd in Grau­bün­den revo­lu­tio­nie­ren. Ein­zelne Anlie­gen der Initia­tive sind sinn­voll und wur­den zwi­schen­zeit­lich sogar umge­setzt (jagd­li­che Schiess­pflicht, Ver­bot blei­hal­ti­ger Muni­tion). Wei­tere Anlie­gen sind im Kern sinn­voll (Alko­hol­grenz­wert für Jäger), andere dage­gen unrea­lis­tisch (gene­relle Win­ter­ruhe). Die Volks­in­itia­tive würde zu einem gros­sen Anwach­sen der Wild­po­pu­la­tion und in der Folge zu unge­ahn­ten Wald- und Ero­si­ons­schä­den füh­ren. Die Volks­in­itia­tive hat bereits posi­tive Wir­kung ent­fal­tet, ist gesamt­haft aber auf­grund ihres Scha­den­po­ten­zi­als unver­ant­wort­lich. Die EVP Grau­bün­den emp­fiehlt, die Vor­lage abzu­leh­nen.

 

Mut­ter­schafts­bei­träge sind nicht unnö­tig gewor­den

Mit der Vor­lage zur Stär­kung der fami­li­en­er­gän­zen­den Kin­der­be­treu­ung und Auf­he­bung des Geset­zes über die Mut­ter­schafts­bei­träge sol­len die Bei­träge für unter­stüt­zungs­be­dürf­tige Fami­lien abge­schafft wer­den. Anstelle des­sen sol­len die bedürf­ti­gen Fami­lien an die, lei­der oft stig­ma­ti­sierte, Sozi­al­hilfe ver­wie­sen wer­den. Die Vor­lage beinhal­tet gute Ände­run­gen, wie z.B. den Weg­fall der Rück­er­stat­tungs­pflicht für Sozi­al­hil­fe­bei­träge für Jugend­li­che. Pro­ble­ma­tisch ist aber, dass die Finan­zen für diese Ver­bes­se­run­gen bei den ein­kom­mens­schwächs­ten Fami­lien ein­ge­spart wer­den. Die kan­to­na­len Mut­ter­schafts­bei­träge, die sich betref­fend Bezugs­dauer der Bei­träge sowie Anspruchs­be­rech­ti­gung deut­lich von der natio­na­len Mut­ter­schafts­ver­si­che­rung unter-scheiden, sind durch jene kei­nes­wegs unnö­tig gewor­den. Sie soll­ten des­halb nicht ohne Not auf­ge­löst wer­den, nur damit Eltern bereits im ers­ten Lebens­jahr ihrer Kin­der noch stär­ker weg von der Eigen­be­treu­ung, die einen hohen Stel­len­wert hat, in Rich­tung exter­ner Betreu­ung gedrängt wer­den. Die EVP Grau­bün­den emp­fiehlt, die Vor­lage abzu­leh­nen.

 

Sau­be­re­res Trink­was­ser nicht mit Impor­ten aus dem Aus­land erkau­fen

Die Volks­in­itia­tive "Für sau­be­res Trink­was­ser und gesunde Nah­rung – Keine Sub­ven­tio­nen für den Pestizid- und den pro­phy­lak­ti­schen Antibiotika-Einsatz" will nur noch Sub­ven­tio­nen an Land­wirt­schafts­be­triebe zulas­sen, die pes­ti­zid­frei pro­du­zie­ren und ihr Tier­fut­ter sel­ber her­stel­len. In der Kon­se­quenz dürf­ten die hei­mi­schen Betriebe weni­ger Lebens­mit­tel pro­du­zie­ren und ver­mehrt müss­ten Importe aus dem Aus­land die Lücken fül­len. Gerade Berg­bau­ern­be­triebe wür­den durch das Futter-Zukauf-Verbot mas­siv in ihren Mög­lich­kei­ten ein­ge­schränkt. Die Umwelt­be­las­tun­gen in den Export­län­dern und die gene­relle Abhän­gig­keit der Schweiz vom Aus­land näh­men zu. Die Volks­in­itia­tive ver­sucht einen fal­schen Lösungs­an­satz, auch wenn das Anlie­gen berech­tigt ist. Die EVP Grau­bün­den emp­fiehlt, die Vor­lage abzu­leh­nen.

 

Pes­ti­zide nicht abrupt ver­bie­ten, son­dern mit ver­schärf­ten Vor­schrif­ten ein­schrän­ken

Die Volks­in­itia­tive "Für eine Schweiz ohne syn­the­ti­sche Pes­ti­zide" will diese Stoffe in der Schweiz ver­bie­ten. Diese Ziel­set­zung ist ver­fol­gens­wert, jedoch ist das gewählte Vor­ge­hen zu radi­kal. Auf­grund der unge­nauen For­mu­lie­rung ist zudem unklar, ob auch heute unter Bio-Richtlinien erlaubte Mit­tel nicht mehr ein­ge­setzt wer­den dürf­ten. Aus­ser­dem ist die Kon­trolle der impor­tier­ten Pro­dukte kaum umsetz­bar. Eine schlech­tere Ver­sor­gung mit Lebens­mit­teln sowie stei­gende Preise sind zu befürch­ten. Andere Lösun­gen sind mög­lich, Bun­des­rat und Par­la­ment wer­den die Vor­schrif­ten ver­schär­fen. Die EVP Grau­bün­den emp­fiehlt, die Vor­lage abzu­leh­nen.

 

Covid-19-Gesetz ist Grund­lage für Abfe­de­rungs­mass­nah­men

Das Covid-19-Gesetz schreibt vor, was der Bun­des­rat tun darf, um die Aus­wir­kun­gen der Epi­de­mie auf Gesell-schaft, Wirt­schaft und Behör­den zu bekämp­fen. Das Par­la­ment hat klare stra­te­gi­sche Grund­sätze im Gesetz ver­an­kert, an denen sich die Corona-Politik des Bun­des­ra­tes ori­en­tie­ren muss. Ein Feh­ler war, dass Bun­des­rat, Wirt­schaft und Mili­tär zwar viele Mil­li­ar­den aus­ga­ben, aber kein Geld für benö­tig­tes Spi­tal­per­so­nal bereit­ge­stellt wurde. Ein Nein zum Gesetz würde aber die­je­ni­gen noch­mals bestra­fen, die bereits heute die wirt­schaft­li­chen Fol­gen der Schlies­sun­gen zu tra­gen haben. Auch die zusätz­lich beschlos­se­nen umfäng­li­chen Abfe­de­rungs­mass­nah­men für viele Berei­che der Wirt­schaft und Gesell­schaft wür­den abge­würgt. Das Gesetz ist klar befris­tet und endet zum 31. Dezem­ber 2021. Wenn das Gesetz abge­lehnt wird, lau­fen alle Mass­nah­men bereits am 25. Sep­tem­ber 2021 aus – auch alle zusätz­lich beschlos­se­nen Abfe­de­rungs­mass­nah­men. Eine Mehr­heit im Vor­stand der EVP Grau-bünden emp­fiehlt, der Vor­lage zuzu­stim­men.

 

CO2-Büro­kra­tie mit wenig Wir­kung, aber bes­ser als nichts

Das CO2-Gesetz besagt, dass die Treib­haus­gas­emis­sio­nen im Jahr 2030 höchs­tens 50 Pro­zent der Emis­sio­nen im Jahr 1990 betra­gen dür­fen. Es soll eine Flug­ti­cket­abgabe zwi­schen 30 und 120 Fran­ken pro Ticket ein­ge­führt wer­den. Zudem sieht das Gesetz eine Erhö­hung der CO2-Abgabe vor. Die Len­kungs­wir­kung der CO2-Abgabe ist erwie­sen. Eigent­lich wären grif­fi­gere Mass­nah­men ange­sichts des dro­hen­den Kli­ma­wan­dels sinn­voll. Das CO2-Gesetz erzeugt viel Büro­kra­tie, aber zu wenig Wir­kung. Aber wenigs­tens dies. Die EVP Grau­bün­den emp­fiehlt, der Vor­lage zuzu­stim­men.

 

Radi­ka­li­sierte Per­so­nen und ihr Bedro­hungs­po­ten­zial sind Rea­li­tät

Die prä­ven­ti­ven Mass­nah­men des Bun­des­ge­set­zes über poli­zei­li­che Mass­nah­men zur Bekämp­fung von Ter­ro­ris­mus kom­men zum Zug, wenn das Straf­recht nicht greift, weil noch keine straf­bare Hand­lung vor­liegt. Sie zie­len auf sog. Gefähr­der, also Per­so­nen, bei wel­chen auf­grund kon­kre­ter Anhalts­punkte davon aus­ge­gan­gen wer­den muss, dass sie eine ter­ro­ris­ti­sche Tat aus­üben wer­den. Genü­gen soziale, inte­gra­tive oder the­ra­peu­ti­sche Mass­nah­men zur Ver­hin­de­rung der von einer radi­ka­li­sier­ten Per­son aus­ge­hen­den Gefahr nicht, so müs­sen prä­ven­tive poli­zei­li­che Mass­nah­men ange­ord­net wer­den. Die EVP Grau­bün­den emp­fiehlt, der Vor­lage zuzu­stim­men.