AHV-Revision stärkt das Sozialwerk nachhaltig

Am 25. Sep­tem­ber 2022 kom­men im Kan­ton Grau­bün­den vier eid­ge­nös­si­sche Vor­la­gen zur Volks­ab­stim­mung. Die EVP Grau­bün­den emp­fiehlt zwei­mal Ja und zwei­mal Nein. Die Mas­sen­tier­hal­tungs­in­itia­tive ist abzu­leh­nen, weil vor­han­de­ner Hand­lungs­be­darf und die ver­lang­ten Mass­nah­men in einem Miss­ver­hält­nis ste­hen. Die Vor­lage zur Abschaf­fung der Ver­rech­nungs­steuer will ein unver­zicht­ba­res Mit­tel unbe­drängt und ohne Ersatz­lö­sung aus der Hand geben. Zustim­mung ist bei den bei­den AHV-Vorlagen emp­foh­len, die zur finan­zi­el­len Siche­rung des wich­tigs­ten schwei­ze­ri­schen Sozi­al­werks not­wen­dig sind.

 

Keine sys­te­ma­ti­sche Ver­let­zung des Tier­wohls in der Schweiz

Die Mas­sen­tier­hal­tungs­in­itia­tive will den Schutz der Würde der Tiere in der land­wirt­schaft­li­chen Tier­hal­tung in die Ver­fas­sung auf­neh­men. Dazu soll gehö­ren, dass Tiere nicht in "Mas­sen­tier­hal­tung" gehal­ten wer­den. Tiere ver­brin­gen in der Land­wirt­schaft den Gross­teil ihres Lebens auf Beton­bö­den und haben kaum Beschäf­ti­gungs­mög­lich­kei­ten. Der Bund müsste Kri­te­rien fest­le­gen ins­be­son­dere für eine tier­freund­li­che Unter­brin­gung und Pflege, den Zugang ins Freie, die Schlach­tung mit kur­zen Trans­port­we­gen und kon­trol­lier­ten Betäu­bungs­vor­gän­gen sowie die maxi­male Grup­pen­grösse je Stall. Bis zu 27’000 Hüh­ner oder 1’500 Schweine dür­fen heute in einer Halle gehal­ten wer­den. Die Betreu­ung ein­zel­ner Tiere ist prak­tisch unmög­lich, viele Tiere wür­den unbe­merkt ster­ben. Die Initia­tive for­dert eine starke Reduk­tion der Grup­pen­grös­sen. Wei­ter müsste der Bund bezüg­lich der Ein­fuhr von Tie­ren und tie­ri­schen Erzeug­nis­sen zu Ernäh­rungs­zwe­cken Vor­schrif­ten zur Ein­hal­tung Schwei­zer Stan­dards erlas­sen, was aber zu kon­trol­lie­ren nur sehr schwie­rig mög­lich sein wird. Die Initia­tive spielt her­un­ter, dass die Tier­hal­tung in der Schweiz meist klein­struk­tu­riert ist, auf einem sehr stren­gen Tier­schutz­ge­setz basiert und umfas­send kon­trol­liert wird. Es gibt in der Schweiz keine sys­te­ma­ti­sche Ver­let­zung des Tier­wohls, Bau­ern und Bäue­rin­nen arbei­ten nicht ver­ant­wor­tungs­los. Der durch die Initia­tive gefor­derte Bio-Standard in der Tier­hal­tung würde erheb­li­che Mehr­kos­ten und deut­lich höhere Preise erzeu­gen. Import und Ein-kaufstourismus wür­den ange­kur­belt. Die EVP Grau­bün­den emp­fiehlt, die Mas­sen­tier­hal­tungs­in­itia­tive abzu­leh­nen.
 

Ren­ten­al­ter 65 für alle, stei­gende Lebens­er­war­tung und Baby­boo­mer kurz vor der Rente begrün­den neuen Anlauf zur AHV-Revision

Die Finan­zie­rung der AHV ist schwie­rig auf Jahr­zehnte hin­aus zu pro­gnos­ti­zie­ren, aber ten­den­zi­ell ver­schlech­tert sie sich. Die Ein­nah­men rei­chen nicht mehr aus, um die lau­fen­den Ren­ten zu finan­zie­ren, das Gleich­ge­wicht zwi­schen Ein­nah­men und Aus­ga­ben geht lang­sam aus dem Lot. Diese Situa­tion wird sich mit der Pen­sio­nie­rung der gebur­ten­star­ken Jahr­gänge wei­ter ver­schär­fen. Am 25. Sep­tem­ber wird des­halb über zwei Vor­la­gen abge­stimmt: Einer­seits soll die Mehr­wert­steuer zuguns­ten der AHV erhöht wer­den. Der Nor­mal­satz betrüge künf­tig 8,1 % (+0,4 %), der Son­d­er­satz 3,8 % (+0,1 %) und der redu­zierte Satz 2,6% (+0,1 %). Damit sol­len zusätz­li­che Ein­nah­men für die AHV von rund 1,4 Mrd. Fran­ken jähr­lich erzielt wer­den. Ande­rer­seits soll das Refe­ren­zal­ter für den Bezug der AHV-Renten auf 65 Jahre ver­ein­heit­licht und der Ren­ten­be­zug zwi­schen 63 und 70 Jah­ren fle­xi­bi­li­siert wer­den. Damit Frauen, die kurz vor der Pen­sio­nie­rung ste­hen, nicht kurz vor dem Errei­chen des Ren­ten­al­ters vor ver­än­derte Tat­sa­chen (Ren­ten­al­ter 65) gestellt wer­den, wur­den Aus­gleichs­mass­nah­men für Frauen der Jahr­gänge 1960-1968 beschlos­sen. Die betrof­fe­nen Frauen erhal­ten eine Kom­bi­na­tion aus einem erleich­ter­ten Ren­ten­vor­be­zug und einem gene­rel­len AHV-Zuschlag bei ordent­li­cher Pen­sio­nie­rung. Der Zuschlag beträgt 160 Fran­ken pro Monat bei Ein­kom­men bis 57'360 Fran­ken, 100 Fran­ken pro Monat bei Ein­kom­men bis 71'700 Fran­ken und 50 Fran­ken pro Monat ab einem Ein­kom­men von 71'701 Fran­ken. Die AHV ist unser wich­tigs­tes Sozi­al­werk in der Schweiz. Die AHV soll jetzt auch für die Frauen gestärkt wer­den. Darum erhal­ten alle Frauen, wel­che in den kom­men­den neun Jah­ren ordent­lich in Rente gehen, mehr AHV als heute. Davon pro­fi­tie­ren ins­be­son­dere Frauen mit tie­fen Löh­nen. Dank der Fle­xi­bi­li­sie­rung des Ren­ten­al­ters haben zudem alle die Mög­lich­keit, trotz­dem bereits mit 64 in die Rente zu gehen. Bei der Ein­füh­rung der AHV 1948 wurde das Ren­ten­al­ter für Frauen und Män­ner auf 65 fest­ge­setzt. Zwi­schen­zeit­lich wurde das Frau­en­ren­ten­al­ter zwei­mal gesenkt. Heute gibt es keine stich­hal­ti­gen Argu­mente mehr, wel­che für Frauen ein tie­fe­res Ren­ten­al­ter begrün­den. Aller­dings wer­den auch heute noch Erziehungs- und Betreu­ungs­ar­bei­ten zu wenig hono­riert. Dass Frauen tie­fere Ren­ten als Män­ner erhal­ten, liegt vor allem an den Pen­si­ons­kas­sen­ren­ten (2. Säule). Durch die nun vor­ge­se­hene Anhe­bung des Ren­ten­al­ters zah­len Frauen künf­tig ein Jahr län­ger in die Pen­si­ons­kasse ein und erhö­hen damit auch diese Rente. Zum Schluss sehr posi­tiv für alle: Die Lebens­er­war­tung beim Ein­tritt ins Ren­ten­al­ter (mit 65 Jah­ren) steigt wei­ter an. 1948 (Ein­füh­rung der AHV) lag die Lebens­er­war­tung bei Män­nern mit 65 Jah­ren bei 12,4 Jah­ren und bei Frauen bei 14,0 Jah­ren. Heute geht man von 20,2 resp. 23,0 Jah­ren aus. Weil der Ruhe­stand heute viel län­ger dau­ert, kön­nen wir die AHV viel län­ger genies­sen. Aber sie muss funk­tio­nie­ren und finan­zier­bar blei­ben. Des­halb emp­fiehlt die EVP Grau­bün­den, die bei­den AHV-Vorlagen anzu­neh­men.
 

Ver­rech­nungs­steuer ist – ohne Ersatz­lö­sung zur Ver­mö­gens­de­kla­rie­rung – unver­zicht­bar

Zins­zah­lun­gen auf Obli­ga­tio­nen unter­lie­gen in der Schweiz der soge­nann­ten Ver­rech­nungs­steuer. Den Besit­zen­den von Obli­ga­tio­nen wer­den zunächst nur 65 % der Zin­sen aus­be­zahlt. Die 35 % Ver­rech­nungs­steuer erhal­ten die Besteu­er­ten jedoch voll­um­fäng­lich wie­der zurück­er­stat­tet, sofern die Zins­er­träge bei der Steu­er­er­klä­rung dekla­riert wur­den. Da andere Län­der jedoch keine sol­che Steuer ken­nen, sind Schwei­zer Obli­ga­tio­nen für Unter­neh­men und Inves­to­ren im inter­na­tio­na­len Umfeld unat­trak­tiv. Sie neh­men des­halb Fremd­ka­pi­tal lie­ber im Aus­land auf, z.B. in Luxem­burg. Die­ser Wett­be­werbs­nach­teil soll durch die Abschaf­fung der Ver­rech­nungs­steuer beho­ben und der Finanz­platz Schweiz gestärkt wer­den. Die Ver­rech­nungs­steuer bezweckt jedoch in ers­ter Linie die Ein­däm­mung der Steu­er­hin­ter­zie­hung. Sie will die Steu­er­pflich­ti­gen dazu ver­an­las­sen, ihre betref­fen­den Ein­künfte und Ver­mö­gens­er­träge sowie das Ver­mö­gen, auf dem die Gewinne erzielt wur­den, anzu­ge­ben. Wird die Ver­rech­nungs­steuer jedoch ersatz­los gestri­chen, ent­fällt die­ser Anreiz. Das eid­ge­nös­si­sche Par­la­ment hatte zudem dar­auf ver­zich­tet, alter­na­tive Siche­rungs­mass­nah­men ins Gesetz zu schrei­ben, wel­che Steu­er­hin­ter­zie­hung ver­hin­dern könn­ten. Die Abschaf­fung der Ver­rech­nungs­steuer könnte somit in- und aus­län­di­sche Steu­er­kri­mi­na­li­tät för­dern und den Ruf der Schweiz inter­na­tio­nal beschä­di­gen. Zusätz­lich wird mit die­ser Reform auch die Umsatz­ab­gabe (Teil der Stem­pel­ab­ga­ben) auf Obli­ga­tio­nen abge­schafft. Diese fällt bei jeder Trans­ak­tion an, bei der eine Obli­ga­tion den Besit­zer wech­selt und macht daher den Han­del mit (kurz­fris­ti­gen) Obli­ga­tio­nen unat­trak­tiv. Ins­ge­samt basiert die Abstim­mungs­vor­lage nicht auf einem drin­gen­den Hand­lungs­be­darf. Sie unter­gräbt eine kor­rekte Besteue­rung von finan­zi­el­lem Ver­mö­gen und führt zu jähr­li­chen Steu­er­aus­fäl­len von meh­re­ren hun­dert Mil­lio­nen Fran­ken. Dage­gen wird die Abschaf­fung der Hei­rats­strafe bei Steuer und AHV vom eid­ge­nös­si­schen Par­la­ment "aus Kos­ten­grün­den" auf die lange Bank gescho­ben. Die EVP Grau­bün­den emp­fiehlt, die Abschaf­fung der Ver­rech­nungs­steuer abzu­leh­nen.